Und wie Biegeprogramme dies korrigieren Wenn eine Rohrkonstruktion gebogen werden soll, wird oft nach den Biegekoordinaten gefragt. Wie diese erstellt werden, habe ich HIER erklärt. An dieser Stelle möchte ich eingehen auf Änderungen bei Rohr und Radius sowie auf die Einflüsse der elastischen Bereiche beim Biegen. Mit den Biegekoordinaten werden die wichtigsten Maße der Rohrkonstruktion bestimmt. Handelt es sich um ein Produkt mit ausschließlich 90°-Bögen, dann hat man es ziemlich einfach: Die Breiten sind immer um eine ganze Rohrstärke größer als das Maß aus der Mittelachse. Für unsere Beispielzeichnung bedeutet dies beispielsweise für das Maß “65“, dass ein Biegeteil aus Rohr mit Ø10mm an der Stelle 75mm breit ist. (Und ein Rohr Ø4mm ist dort 69mm breit). Ganz so einfach ist es bei den Bögen nicht, an denen ein nicht-rechtwinkliger Bogen entstehen soll. In unserer Zeichnung ist das der Bogen an P2. Hier gibt es verschiedene Besonderheiten: Wenn der Biegepunkt P2 bei der Höhe „25“ bleiben soll, ändert sich je nach Größe des Radius´ (blauer Bereich) die Höhe der Oberkante unseres Rohres! Diese wird höher (bei kleinen Radien) oder niedriger (bei größeren). Wenn Du also die Oberkante bemaßen willst oder musst, dann muss der Biegepunkt abhängig von Rohrdurchmesser und Radius jedes Mal neu berechnet bzw. ausgelesen werden! Das ändert dann auch den Winkel. Mit dem Radius ändert sich ebenfalls die Bogenlänge, was wiederum Auswirkungen hat auf die Zwischenlänge (rot). Diese rote Länge muss mindestens so lang sein wie das Klemmstück des Biegewerkzeuges. Bei großen Zwischenräumen stellt das in der Regel keine Hürde dar, nur bei den eng beieinander liegenden Bögen. Das Standard-Klemmwerkzeug bei Arcum-Nova ist 30mm breit. So viel zur Mathematik 😉 Richtig spannend wird es jetzt aber, wenn es um elastische und ungewünschte Verformung geht. |
Klar, das Rohr flacht im Bogen ab. Dafür muss der Dorn gut eingestellt sein, damit diese Abflachung möglichst gering ausfällt. Es kommen jetzt aber noch zwei Effekte hinzu:
1.Die Rückfederung. Die Konstruktion gibt einen definierten Winkel („Sollwinkel“) vor. Das Rohr wird um ein Werkzeug gezwungen, welches einen bestimmten Durchmesser hat. Unser entstandener Bogen ist aber etwas geringer im Winkel und etwas größer im Radius! Also stellen wir zuerst einen größeren Winkel (->“Biegung“) ein, denn der Sollwinkel muss stimmen. Bei korrektem Winkel haben wir nun aufgrund des größeren Radius´ wieder eine größere Bogenlänge. Für den P2 aus der Zeichnung bedeutet dies, dass die gerade Strecke bis P1 und nach P3 (rot) nun tatsächlich etwas kürzer ist, weil der Bogen ja größer ist.
2.Ein weiterer Effekt ist die Dehnung („Streckung“). Wenn man alle Bogenlängen (aus der neutralen Faser) und die Zwischenlängen addiert, erhält man die theoretische Ausgangslänge. Diese ist aber für ein maßhaltiges Biegeteil zu lang. Früher, an den konventionellen Biegemaschinen, wurde jeder Winkel einzeln eingestellt und für jede Zwischenlänge musste ein eigener Korrekturwert ermittelt werden. Diese Arbeit nimmt uns das Biegeprogramm ab: Ein paar vorher festgelegte Bögen werden dokumentiert, den Rest rechnet der Computer. Hierbei wird geprüft, ob die gerade Länge zwischen den Bögen ausreichend lang für die nächste Klemmung ist, ob wir beim Drehen irgendwo an den Maschinenkörper anstoßen (kollidieren) und zu guter Letzt wird die korrigierte Ausgangslänge bestimmt. Der Längenausgleich wird dabei nämlich gleich mit programmiert
Somit muss ich mich bei Eingabe der Biegekoordinaten um keine Rechenaufgabe mehr kümmern und das gewünschte Rohrgestell hat die richtigen Abmaße.
Ich hoffe, ich konnte etwas Licht ins Dunkel der Biegegeheimnisse 😉 bringen und freue mich auf Deine Anfrage!
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